Freitag, 8. Februar 2008

"Brötchen" vs. "Semmel"?

Heute ist das Mammut einmal nicht zornig, sondern nur nachdenklich. Wie das?

Mammut war zu Besuch in Semmelland. Es wollte seinen hungrigen Magen mit etwas füllen, also verfiel es auf den Gedanken, sich ein belegtes Brötchen zu kaufen. Darum begab es sich in eine Bäckerei (neudeutsch: "Back-Shop") und mußte nun dort der Verkäuferin mitteilen, worauf seine Wahl gefallen war. Auf dem Schild in der Auslage war zu lesen "Käsesemmel". Was tun? Verlangt man ein "Käsebrötchen" und riskiert, nicht verstanden bzw. schief angeguckt zu werden, oder überwindet man seine Hemmungen, sich eines fremden Idioms zu bedienen, und bestellt brav, was auf dem Schild steht?

Mammut wollte keinen Zusammenprall der Kulturen provozieren und fügte sich widerwillig. Verräter. Feigling. Opportunist.

Seither kann es jedoch nicht aufhören, sich nach der Herkunft der zwei unterschiedlichen Wörter zu fragen und zog deshalb ein etymologisches Wörterbuch zu Rate*. Hier das Ergebnis der Konsultation:

Das von "Brot" derivierte Diminutivum "Brötchen" mit der Bedeutung "kleines brotförmiges Gebäck, Semmel" ist seit dem 18. Jh. gebräuchlich.

"Semmel" leitet sich ab von lat. simila "feingemahlenes Weizenmehl". Bereits im Mittelhochdeutschen entwickelte sich dann die Bedeutung "Brot aus Weizenmehl; Brötchen". Das Wort "Semmel" wurde folglich schon sehr viel früher als das Wort "Brötchen" zur Bezeichnung des Weizenbackwerks verwendet.

Es wäre interessant, in die Kulturgeschichte der Semmel/des Brötchens einzutauchen, um herauszufinden, ob das kleingestaltige Weizengebäck eine Erfindung der Süddeutschen ist. Oder vielleicht sogar der alten Römer?

Oder aber die Wahl der Benennung sagt nichts über die Entstehung aus, sondern beleuchtet nur zwei verschiedene Aspekte desselben Referenten/Denotats: "Semmel" nähme demnach Bezug auf das Material/die Zutat bzw. den Hauptbestandteil, aus dem das Gebäck gefertigt wird. "Brötchen" hingegen referierte dann auf dessen äußere Gestalt bzw. Form.

So handelt es sich denn bei "Semmel" und "Brötchen" ausschließlich um regionale Varianten, ohne daß sich daraus eine Wertung ableiten ließe.


*Drosdowski, Günther (Hrsg.) (1989): Duden >>Etymologie<<: Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache. 2., völlig neu bearb. u. erw. Aufl. Der Duden, Bd. 7, Mannheim, Wien, Zürich.

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