Donnerstag, 6. März 2008

Wir marschieren Seit' an Seit', seid bereit!

Ist es nur so schwer, "seit" und "seid" auseinanderzuhalten?

Das sind doch zwei völlig verschiedene Wörter! Ja gut, wegen der Auslautverhärtung im Deutschen werden sie identisch ausgesprochen, das war es dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten.

So gehören "seit" und "seid" unterschiedlichen Wortarten an: "seit" kann entweder als Präposition mit Dativ auftreten (z. B. in seit langem, seit seiner Geburt) oder als Konjunktion (z. B. in seit sie da ist; seit wir uns kennen). Bei "seid" dagegen handelt es sich um die 2. Ps. Plural Präsens Indikativ von "sein" (z. B. in Seid ihr schon da?) (oder den Imperativ Plural Präsens von "sein", z. B. im sozialistischen Pioniergruß Seid bereit!).

Seltsamerweise wird nach meinen Erfahrungen kaum "seit" anstelle von "seid" verwendet, wohingegen der umgekehrte Fall, die fälschliche Ersetzung von "seit" durch "seid", recht häufig vorzukommen scheint.

Woran könnte das liegen? Sollte etwa die Verbform präsenter sein als die Präposition? - Kaum vorstellbar, wenn man bedenkt, daß sowohl in Texten als auch in der gesprochenen Sprache die betreffende Verbform ungleich seltener Verwendung findet als die entsprechende Präposition oder Konjunktion.
(Vgl hierzu: wortschatz.uni-leipzig.de, Suchanfrage: "seid", Ergebnis: Häufigkeitsklasse 12 (d.h. der ist ca. 2^12 mal häufiger als das gesuchte Wort), Suchanfrage: "seit", Ergebnis: Häufigkeitsklasse 5 (d.h. der ist ca. 2^5 mal häufiger als das gesuchte Wort))

Offensichtlich ist die Frequenz nicht ausschlaggebend für dieses Problem. Eine näherliegende Erklärung wäre, daß Lehrer ihren Schülern so oft die Schreibung der wenig gebräuchlichen Form "seid" vor Augen führen, daß sich darob eine unlösbare Verwirrung im Schülerhirn entwickelt, die zeitlebens nicht mehr zu beheben ist. Es wäre Aufgabe einer Studie, dies zu be- bzw. widerlegen. Oder aber all meine Hypothesen sind müßig, weil die hier angeprangerten Fehlleistungen in Wirklichkeit wieder einmal nur der Gedankenlosigkeit geschuldet sind, mit der heutzutage vielerorts geschrieben wird.

Generell gilt: Vielleicht sollten wir etwas mehr lesen, anstatt nur noch fernzusehen...

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