Donnerstag, 29. Mai 2008

"austauschen" vs. "ersetzen durch"

Werbung im Privatradio. Eine Kinderstimme verkündet stolz: "Ich habe in meinem Puppenhaus alle Glühbirnen durch Energiesparlampen ausgetauscht."

An und für sich ein löbliches Ansinnen, nur leider grammatisch nicht korrekt formuliert. "austauschen" steht ohne Präposition. In der Semantik des Verbs ist die Bedeutung "durch ein Äquivalent ersetzen" bereits inhärent. "etwas austauschen" heißt also, "x1 durch x2 ersetzen", wobei "x" z. B. eine Glühlampe sein kann.

Handelt es sich, wie im oben geschilderten Fall, nicht um einen gleichwertigen Ersatz, läuft dies der Semantik von "austauschen" zuwider. Demnach ist die Aussage "etwas (x) durch etwas anderes (y) austauschen" nicht zulässig.

Der Satz hätte richtig lauten müssen: "Ich habe in meinem Puppenhaus alle Glühbirnen durch Energiesparlampen ersetzt."

Denn im Gegensatz zu "austauschen" ist "ersetzen" mit der Präposition "durch" kompatibel. Die Bedeutung läßt sich dabei wie folgt formalisieren: "etwas (x) anstelle von etwas anderem (y) verwenden". "ersetzen" ohne Präposition ist hingegen synonym mit "austauschen": "etwas1 (x1) anstelle von etwas2 (x2) verwenden".

Somit ist "ersetzen (durch)" hinsichtlich seiner Bedeutung weiter gefaßt als "austauschen": Wird das, was anstelle von x verwendet wird, nicht spezifiziert, impliziert "ersetzen" "x1 anstelle von x2 verwenden" = Äquivalenz. Findet dagegen eine Spezifizierung des alternativ verwendeten Gegenstands statt (z. B. "Glühlampe durch Energiesparlampe ersetzen"), liegt hier ein nicht äquivalenter Austausch vor = "etwas (x) anstelle von etwas anderem (y) verwenden".

Oder kurz zusammengefaßt:

austauschen (x1,x2)
*austauschen durch (x,y)

ersetzen (x1,x2)
ersetzen durch (x,y)

Man könnte nun argumentieren: "Wozu die ganze Aufregung, Kinder produzieren einfach von Zeit zu Zeit ungrammatische Sätze." - Richtig, allerdings wird Werbung eben nicht von Kindern, sondern von Erwachsenen gemacht. Und ich kann nichts Amüsantes daran finden, Kindern Fehler in den Mund zu legen. Wie sollen sie denn jemals eine Intuition für Sprachregeln entwickeln, wenn sie ständig mit mißlungenen Konstruktionen konfrontiert werden?

Warum traut man es einem Kind von heute nicht mehr zu, "ersetzen" zu sagen? Anscheinend war den Werbeleuten nicht bewußt, daß dieses als altmodisch empfundene Verb nicht in jeder Satzkonstruktion durch "austauschen" adäquat vertreten wird.

Die Sprache unter dem Joch der Beschränktheit...

Zum Genitiv Sgl. von "Autor"

Erschreckend, daß der Irrglaube, es handele sich bei "Autor" um ein schwaches Maskulinum, inzwischen auch vor Nachrichtensprechern des öffentlich-rechtlichen Fernsehens nicht mehr haltmacht.

Liebe Pseudo-Bildungselite, es heißt "des Menschen" und "des Elefanten", aber nicht "des Autoren"! "Autor" ist ein starkes Maskulinum und bildet dementsprechend seinen Genitiv Sgl. mit dem Kasusmarker "-s": "des Autors".

Alles andere ist schlichtweg falsch.

Dienstag, 20. Mai 2008

Ethos der Medizin

Heute ein Eintrag mit einer Woche Verspätung, Bezug nehmend auf die Sendung Maischberger vom 13.05.2008. Es ging u. a. um die Frage, welche Methoden der menschlichen Reproduktion erlaubt bzw. wünschenswert seien.

Eine konservative (und katholische) Ärztin vertrat die Meinung, Reproduktion mit medizinischer Hilfe sei abzulehnen, wenn sie auf natürlichem Wege versagt bleibe. Sie interpretierte das Ausbleiben bzw. die Unmöglichkeit einer Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr aus welchen Gründen auch immer (Mutter zu alt, Eltern homosexuell...) als Zeichen dafür, daß diese "von oben" (= von Gott?) nicht gewollt sei. Die Betroffenen sollten das akzeptieren und sich in Verzicht üben.

Nun, einerseits könnte man eine solche Ansicht respektive deren politische Durchsetzung als Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der potentiellen Eltern betrachten. Zumal in Zeiten des fortschreitenden Bevölkerungsrückgangs. Lieber Kinder alter und/oder gleichgeschlechtlicher Eltern, als gar keine!? Andererseits hat es wahrscheinlich schon irgendeine Bewandtnis, daß die Natur uns Grenzen aufzeigt, oder?

Der ewig strebende Forscher würde hier erwidern: Grenzen sind da, um überwunden zu werden! Daß dies jedoch fatale Folgen haben kann, sehen wir zur Zeit in China. Riesige Staudämme, die, allen Warnungen der Vernunft zum Trotz errichtet, nach dem Erdbeben Tausende von Menschen in ihrer Existenz bedrohen. Keine Grenzen?

Trotzdem bleibt es schwierig, sich klar gegen "künstliche" Reproduktion auszusprechen. Immerhin wird auf diese Weise Leben geschaffen. Und das Argument, man solle auf medizinische Eingriffe verzichten, um der Natur nicht "ins Handwerk zu pfuschen", zöge eine fragwürdige Konsequenz nach sich: Müßten dann nicht auch alle lebensverlängernden oder -erhaltenden Maßnahmen wie z. B. Operationen und Transplantationen als Eingriff in die "natürliche Ordnung" abgelehnt werden?

Oder liegt hier ein Denkfehler vor? - Wer kann es wissen?

Montag, 19. Mai 2008

Gespannte Kurzvokale, Teil III

Es heißt nicht "Choohlera", sondern Cholera!

Auf daß endlich jemand den Verblendeten Erleuchtung verschaffe...

Sonntag, 11. Mai 2008

Volksverdummung

Liebe Mitarbeiter der PR-Abteilung von Zott: Da ist Euch ja ein echter Coup gelungen. Euer neues Molkerei-Produkt mit dem Namen "La Dessert" zu versehen, war wirklich eine geniale Idee. Bestimmt wird jeder sofort durchschauen, daß Ihr absichtlich den falschen, femininen Artikel "la" gewählt habt, um Eurem Joghurt neben französischer Raffinesse auch einen Hauch italienischer Leichtigkeit zu verleihen. Besonders alle, die des Französischen auch nur ansatzweise mächtig sind, werden sich über dieses gelungene Sprachspiel köstlich amüsieren.

Vielleicht aber werden alle mündigen Konsumenten, die sich nicht von ein paar überbezahlten Sprachdilettanten für dumm verkaufen lassen wollen, am Kühlregal einen großen Bogen um das neue Produkt machen. Solange, bis dessen scheußlicher Name in das korrekte "Le Dessert" oder etwas ganz anderes umgeändert wird.

Vorsätzlich Fehler zu machen, mag in der Jugend- oder Straßensprache modern sein. Für ein namhaftes Unternehmen ist es jedoch einfach nur peinlich, den offensichtlichen Mangel an Kreativität durch derlei erzwungene Originalität = Abweichung kaschieren zu wollen!

Da können einem echt alle Französischlehrer leid tun, die ihren Schülern diese Flausen hernach wieder austreiben sollen. Stimmt das weitverbreitete Vorurteil, daß Fernsehen und vor allem Werbung dumm macht, also doch?

Allerdings besteht noch Hoffnung auf Besserung: So wurde aus Dr. Oetkers Puddingdessert "Paula's" nach einiger Zeit heimlich, still und leise "Paula" ohne sächsischen Genitiv. Haben hier vielleicht ein paar Deutschlehrer ihre Stimme zum Protest erhoben, weil "Paulas" Hauptzielgruppe Kinder sind?

Weiter so!!! Nur mutig gestritten!

Euer ZOTTeliges Mammut

Donnerstag, 8. Mai 2008

Allzumenschliches

Was sind das nur für Menschen, die sich als Putzfrau kostümiert in eine Psychiatrische Klinik einschleichen oder davor in den Bäumen sitzen, um ohnehin bedauernswerten Kreaturen mittels Kamera das letzte bißchen Würde und Privatsphäre zu rauben?

Schlimm genug, daß es berechnende Individuen gibt, die für derlei Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeblich eine Mio. Euro bieten... Und dazu sensationslüsterne Konsumenten, die sich vor dem Kiosk respektive Fernsehgerät scharen würden, um diese betrachten zu können.

Grausiger Höhepunkt des Ganzen aber ist das skrupellose Ungeheuer, das zur Verwirklichung seiner perversen Fantasien nicht einmal vor der eigenen Familie zurückschreckt.

"Homo sum, humani nil a me alienum puto"?